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"Teilschleusung Muskel"
- unsere Holsteinfahrt -

25. August bis 2. September 2012

   

Der Gärtner war es. Reingelassen hat er uns, als wir Samstagnachmittag mit dem Auto und zwei Booten auf dem Hänger den Wassersportverein Plön-Fegetasche erreichten, wo wir in Zelten übernachten wollten um am nächsten Tag unsere Holstein-Wanderfahrt zu beginnen.

Das hätte auch schief gehen können: Die Unterkunft hatten wir zwar schriftlich per Mail gebucht, aber das war zig Wochen her, und wir hatten uns nicht noch einmal am Tag vorher telefonisch über das konkrete Einchecken (Uhrzeit) und die Schlüsselübergabe (Zugang zum Grundstück, Toiletten und Duschen) ausgetauscht. Und als wir ankamen, war unser Kontaktmann natürlich telefonisch gerade nicht erreichbar. Bloßes Glück war es also, dass ein Vereinsmitglied da war, der uns aufschließen konnte.

Die Strecke 26.08. - 01.09.2012
Tag 1 Plön Fegetasche, Großer Plöner See, Schwentine bis Kiel Düsternbrook, 36 km (mit Umtragestelle 2 km und zwei Treidelgassen)
Tag 2 Ruhetag
Tag 3 Kiel Düsternbrook, Schleuse Holtenau, Nord-Ostsee-Kanal bis Rendsburg Hafen, 38,5 km
Tag 4 Rendsburg Hafen, Nord-Ostsee-Kanal bis Hochdonn, 47,5 km
Tag 5 Hochdonn, NOK, Umtragen in die Wilster Au, Umtragen Kasenort in die Stör, diese bis Borsfleth, 32,5 km
Tag 6 Borsfleth -> Stadersand, 32,5 km
Tag 7 Stadersand -> Veddeler Marktkanal, 42,5 km

Die Boote:
Frigga (mit Rüdiger, Wolf und Elke vom Esslinger Ruderverein)
Ostara (mit Ulrich, Reinhard und Jörg)

Am ersten Tag standen 36 Kilometer bis Kiel auf dem Programm - allerdings mit einer Umtragestelle an der Schwentine von zwei Kilometern auf der Strecke. Das aber wussten wir, Reinhard hatte zweimal zwei Bootswagen gebaut und mitgebracht, je einen für den Bug und einen für das Heck. Die Wagen waren zum Glück noch nicht zusammengeschraubt, sonst wären sie uns als unförmige Gepäckstücke schon auf den ersten Kilometern über Bord gegangen, da auf dem Großen Plöner See ein starker Wind wehte, der unsere Boote auf den Wellen tanzen ließ.

An der Aussetzstelle in Raisdorf angekommen, wurden erst einmal die Boote aus dem Wasser genommen und entladen, bevor sich Reinhard und Wolf den Kopf zerbrachen, wie die Wagen denn zusammenzubauen seien, um die Boote sicher zwei Kilometer über Waldweg, Asphalt und Kopfsteinpflaster zu bewegen.

Nach gefühlten zwei Stunden waren dann die Boote, wieder mit dem Gepäck beladen, abschiebebereit, und Jörg, Reinhard und ich zogen als erste los. Unser Boot, die schwere Ostara, ließ sich auf dem Wagen gut schieben. An der Einsetzstelle Oppendorfer Mühle angekommen, luden wir das Boot wieder aus, hoben das Boot aus dem Wagen und legten es ans Schwentineufer und warteten auf die anderen. Nach einer Viertelstunde waren wir des Wartens überdrüssig und Jörg und ich schnappten sich unsere Bootswagen und wir gingen den andern entgegen. Ihnen, Rüdiger, Wolf und Elke, war ihr Wagen auf halber Strecke zusammengebrochen, weil die Wagen leichter gebaut waren, dachten wir doch, das Boot, Frigga, unser Neuzugang vom März, sei deutlich leichter.

An der Einsetzstelle Oppendorfer Mühle hat die Schwentine noch ziemlichen Wildwassercharakter, sprich schnelle Strömung über steinigem Grund, das Flussbett gepflastert mit einzelnen Felsbrocken, die wie Eisberge aus dem Wasser schauen und im Wasser liegende Bäume. Es dräute inzwischen die Nacht, trotzdem stiegen wir in die Boote, wußten wir doch, der Fluß wird nach wenigen Dutzend Metern ruhiger werden - und wenn es kritisch würde, könnten wir ja aussteigen und die Boote schieben. Keine zwanzig Meter weiter war es plötzlich stockdunkel, so als habe jemand den Lichtschalter ausgemacht, nicht mal der Mond schaffte es durch das Blätterdach der auf beiden Seiten den Fluß säumenden Bäume. Unser Boot war das erste, und ich als Steuermann beschloss, kein Risiko einzugehen, sondern auszusteigen und das Boot im Wasser zu schieben. Aber, o Schreck, das Wasser war hier stellenweise so tief, dass ich nicht stehen konnte, ich also wieder nichts wie rein ins Boot. Wir ließen uns von der Strömung treiben, gerieten auch mal an einen Baum, von dem wir uns mit den Händen abdrückten, und kamen irgendwann in ruhigeres Wasser, wo sich der Fluß weitete und das Laubdach öffnete. So kam das Mondlicht durch, das die Uferböschungen links und rechts erahnen ließ, und sobald ein leiser Windzug kam, konnte man sogar das Wasser sich kräuseln sehen. Wir ruderten mal ohne, mal mit halber Kraft, und kamen unbeschadet bei Schwentine-Kilometer 0 in Wellingdorf an.

Dort wartete noch eine kurze Treidelgasse auf uns und ich nutzte die Pause, Volker Haß vom Kieler Ruderclub Germania anzurufen, dass wir gleich da wären, wir müssten nur noch die Kieler Förde queren. Die Uhr zeigte eine Stunde vor Mitternacht. Sein Kommentar: "Ihr seid bei Dunkelheit die Schwentine gerudert? Ihr seid ja wahnsinnig!"

Und dann stand der gute Mann tatsächlich am Steg, als wir 23:15 tatsächlich dort anlegten, drei Stunden nach der vereinbarten Zeit. Das ist echte Ruderkameradschaft!

Erschöpft von dem Tag nahmen wir den nächsten Tag spontan frei. Wir hatten schon ursprünglich einen Ruhetag vorgehen, nur für später. So brauchten wir den ruderfreien Tag nur vorzuziehen und die nachfolgenden Quartiere umzubuchen.

Dienstag ging es dann frisch und ausgeruht weiter von Kiel über den Nord-Ostsee-Kanal nach Rendsburg. Reinhard hatte in Erfahrung gebracht, dass die kleine, für Sportschiffe vorgesehene Schleuse Kiel-Holtenau wegen Bauarbeiten geschlossen ist. Deswegen mussten wir die große Schleuse nehmen, die normalerweise ausschließlich den großen Pötten der Berufsschiffahrt vorbehalten ist. Wie in Hamburg auch, wenn wir uns vergewissern wollen, ob auch geschleust wird, genügte ein Anruf beim Schleusenwärter: "Wir wollen mit zwei Ruderbooten in einer halben Stunde von Kiel aus in den NOK schleusen. Geht das klar?" Antwort: "Kein Problem, warten Sie Höhe Tonne 18 auf das weiße Blinksignal, dann können Sie einfahren."

"Na, wenn denn das mal klappt", denke ich bei mir, male mir Staus und Wartezeiten durch die Berufsschiffahrt aus, wie wir sie vor zwei Jahren auf der Weser hatten, wo wir einmal zwei Stunden lang vor einer Schleuse festhingen, bis wir reindurften. Da reißt mich, wir haben gerade den Tirpitzhafen erreicht, unser Steuermann Reinhard aus meinem Alptraum: "Da blinkt ein weißes Licht!". Ich darauf: "Dann fahr man zu, bevor der Schleusenwärter es sich anders überlegt."

Aber nichts dergleichen, wir kommen ungeschoren in die Schleuse und finden auch einen Warteplatz an einem mit "Sportboote" gekennzeichneten Schwimmsteg. Das sind mit Moos bewachsene Holzbalken, auf denen ich bis zur Leiter schlittere um die Schleusenwand zu erklimmen und die Gebühr zu bezahlen. "Schleusenmarken rechts", informiert mich ein Pfeil oben auf dem Gebäude, und dann stehe ich in einem Kiosk, "Shop" nennt er sich, wie man ihn von Bushaltestellen kennt - Tabakwaren, Getränke, Zeitungen - und eben auch Fahrkarten. "Teilschleusung Muskel" kaufe ich, weil wir den Kanal nicht bis zu seinem Ende Brunsbüttel befahren wollen, sondern vorher abbiegen, drei Euro je Boot.

Und dann kam sie doch noch, die Lautsprecherdurchsage, auf die ich die ganze Zeit gewartet hatte: "Das Sportboot da hinten, fahren Sie bitte nicht ein, sondern verlassen Sie die Schleusenzufahrt." Das galt aber nicht uns, sondern einem Segelboot unter Motor hundertfünfzig Meter weiter achtern. Wir, wir waren drin.

Die Kanalkilometer nach Rendsburg, etwa 35, waren dann unspektakulär. Höchstgeschwindigkeit 15 km/h, d.h. die Schiffe machen kaum Wellen, die Segler zum Motoren verdammt, alles easy. Die Wartebuchten, gedacht wenn sich zwei große Pötte begegnen, die in der normalen Fahrwasserbreite nicht aneinander vorbeikommen, brauchten wir kein einziges Mal anzusteuern.

Am Abend in Rendsburg dann Lagebesprechung. Eigentlich wollten wir den nächsten Tag über die Eider nach Hochdonn fahren. Dazu hätten wir aber die Boote erst einmal in Rendsburg durch die Stadt umtragen müssen, was mindestens zwei Stunden gekostet hätte, und dann am Ende des Tages die Gieselau-Schleuse schleusen, von der wir nur die Telefonnummer aus dem Jübermann-Atlas von 2007 hatten (im Klartext: im ungünstigsten Falle noch mal umtragen).

Von der Etappe Kiel-Rendsburg wussten wir, dass unsere Marschgeschwindigkeit bei 5 km/h liegt. Die Strecke Rendsburg-Hochdonn sind knapp 50 km, da würden wir froh sein, die bei Tageslicht zu schaffen. Für Sportboote bedeutete das, dass sie um 20:30 Uhr vom Kanal runter sein müssen. Da gibt es kein Vertun, dafür sorgen schon die Kapitäne der Kanalfähren, aber da greife ich vor.

Und so entschlossen wir uns weise, den weiteren Teil der Reise auf dem Kanal zurückzulegen. Den Kanal zu rudern hat ja was, aber 50 km in praller Sonnenhitze, da tun einem doch bald die Arschbacken weh und man möchte mal anlegen, aus- und sich die Beine vertreten. Da ist aber nichts mit am Kanal, das Ufer ist durchgehend mit Wackersteinen gepflastert, und was Jübermann großzügig als Ein- und Aussetzstellen anpreist, sind moosbedeckte Rampen, auf denen man schon ausrutscht, wenn man sie nur anschaut.

Nach einer Nacht auf dem Campingplatz Hochdonn ging es am nächsten Tag nach Borsfleth an der Mündung der Stör auf die Elbe. Um dahin zu kommen, mussten wir wieder einmal umtragen, und zwar vom Kanal in die Wilster Au. Als wäre das Umtragen nicht schon an sich Streß, erwartete uns dort die Polizei. Der Kapitän der nächstgelegenen Kanalfähre hatte sie angerufen: "Da sind Verrückte, die sind in Ruderbooten unterwegs und legen hier am Kanalufer an". Statt dass wir also die Boote schnell entladen und aus dem Wasser nehmen konnten, musste Rüdiger erstmal Small talk mit den Ordnungshütern führen, die, lässig über das Geländer des Wehrs gelehnt, seelenruhig zusahen, wie die restliche Mannschaft das Gepäck aus dem Boot auf den Weg packte, während die Welle eines vorbeiziehenden Frachters das Boot an die Spundwand drückte.

Als das Boot leer war und wir es weg von der Spundwand des Wehres zogen, um Platz für das zweite Boot zu machen, zogen die Beamten ab. Vermutlich hatten sie Angst, von uns zum Herausheben der Boote über die Wackersteine auf die Uferböschung um Hilfe gebeten zu werden, wobei ihre weißen Uniformhemden dreckig geworden wären.

Die Wilster Au ist ein enger beschaulicher Flußlauf, 18 km lang, wo wir Kräfte sammeln konnten für das nächste Umtragen in Kasenort, wo sie in die Stör mündet. Die Schleuse dort schleust bestenfalls bei Niedrigwasser, wir kamen aber bei Hochwasser hier an, um uns mit der ablaufenden Ebbströmung die 15 km auf der Stör bis Borsfleth an der Elbmündung schieben zu lassen.

Von Borsfleth sind es dann noch 63,5 km nach Hause. Das kann man mit einer starken Mannschaft und bei gutem Wetter in einer Tide schaffen. Wir hatten weder das eine noch das andere, und so hatten wir schon vor Fahrtantritt noch eine Übernachtung auf halber Strecke ausgeguckt, und zwar in Stadersand, beim Ruderverein Athenaeum an der Schwinge.

Morgens, beim Start in Borsfleth, schien noch die Sonne, und als wir hinter dem Stör-Sperrwerk auf die Elbe kamen, kräuselten nur leichte Wellen den Fluß. Kaum hatten wir den Fluß gequert, kamen uns von der Brammer Bank Seehunde entgegen, die um unsere Boote planschten, als wollten sie mit uns spielen. Die Freude wurde getrübt durch den aufkommenden Wind, der Regen mit sich brachte.

Wir hatten vereinbart, nachdem wir die Wischhafener Süderelbe gequert hätten, die das Ziel der Fähren von Glückstadt ist, am Strand von Krautsand anzulanden und eine Pause einzulegen. Dann fuhr uns das erste Boot einfach so davon, und entfernte sich aus unseren Augenwinkeln. Das gehört sich einfach nicht, und dass das erste Boot uns im zweiten Boot dann per Handy anklingelte, machte die Sache auch nicht besser: Ich beschloss, meine Pfoten jetzt, wo das Boot auf den Wellen tanzte, lieber am Steuerseil zu lassen, und später zurückzurufen, wenn wir den windstillen Elb-Nebenarm bei Schwarztonnensand erreicht hätten. Zu dem Zeitpunkt waren wir froh, dass wir Stadersand als Tagesziel hatten, nur noch sieben Kilometer entfernt, und nicht unser Bootshaus am Marktkanal, 36 km entfernt.

Stadersand erreichten wir früh am Nachmittag, so dass Zeit war für einen Ausflug in die Stadt und ein vorgezogenes Abschiedsessen in einem Restaurant dort. Das war auch gut und richtig so: Als wir den nächsten Tag zu Hause im eigenen Bootshaus ankamen, war es später Nachmittag geworden, bis wir die Boote gesäubert hatten, war es Abend. Für ein Abschiedsbier / wahlweise Tee war noch Zeit, aber dann wollten alle doch nur noch nach Hause.

Ulrich Rothe


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