23. Juni - 1. Juli 2024
Die Hauptarbeit bei der Vorbereitung war die Zeitplanung in Abhängigkeit
von der Tide für jeden Tag. Da wir uns ja von Ort zu Ort bewegten
und dazu teilweise flussauf und teilweise flussab, verschoben sich unsere
bestmöglichen Startzeiten ziemlich erratisch. Hinzu kommt der Nachlauf
der Strömung nach Tidenwechsel, der sich von Ort zu Ort ebenfalls stark
ändert, so läuft das Wasser in Cuxhaven nach Niedrigwasser noch ca. 1:30
Stunden ab, während das bei uns in Hamburg zumeist nur wenige Minuten
ausmacht. Martin hat hierzu die notwendigen Informationen zusammengetragen,
ganz herzlichen Dank dafür. Insgesamt eignet sich aufgrund dieser
Randbedingungen nicht jede Woche für diese Fahrt. 2024 war die letzte
Juniwoche die beste Wahl.
Der Abend vor dem Rudern
Wir haben wieder einmal das Glück, dass Silke in bewährter Weise für die
Fahrt Landdienst macht.
Am Sonntagabend sitzen wir glücklich alle in Bremervörde im Restaurant
in der Abendsonne und genießen das gute Essen. Wir, das sind Silke Bade,
Ulrich Bade, Christof Kluge, Katrin und Stefan Manneck, Martin Meyer-
Wyk und ich, Rüdiger Schmidt. Wie verabredet, taucht auch bald Hendrik
Nagel von den Wasserfreunden Hemmoor auf und versorgt uns mit Schlüssel
und einigen hilfreichen Ratschlägen für unsere morgige Übernachtung. Und
dann geht es schnell in die Schlafsäcke, denn um 4:45 Uhr ist Aufstehen,
unverhandelbar.
Montag, 24. Juni: Von Bremervörde nach Hemmoor
Endlich sind wir auf dem Wasser, es ist kurz nach sieben Uhr, alles ist
ruhig, nur Wasser und Schilf um uns herum, die Oste ist hier ein sehr
beschaulicher Fluss. Und so bleibt sie auch bis Hemmoor, wo wir kurz nach
Niedrigwasser ankommen. Kurz vorher unterfahren wir die Schwebefähre
Osten { Hemmoor, für Freunde alter Verkehrstechnik schon ein Grund,
Hemmoor zu besuchen. Das Bootshaus und das Gelände der Hemmoorer
ist aufgeräumt und sauber, man merkt nicht, dass hier am Wochenende der
beliebte Ostemarathon stattfand.
Wir haben noch den ganzen Nachmittag vor uns und reichlich Hunger
nach der fast 48 km langen Rudertour. Wir finden ein sehr gutes asiatisches
Restaurant, das ich tatsächlich hier nicht erwartet hätte. Gut gestärkt
vertiefen wir uns im Freilichtmuseum zur Zementindustrie in die lange
Geschichte der Hemmoorer Zementproduktion.
Auch heute geht es früh in die Schlafsäcke, Aufstehen ist morgen um
04:00 Uhr.
Dienstag, 25. Juni: Von Hemmoor nach Otterndorf
Diesmal sind wir um 6:30 Uhr auf dem Wasser, kurz nach Hochwasser. Die
Strömung nimmt allmählich zu und der Fluss wird nun immer breiter. Wir
durchfahren das Sturm
utsperrwerk und machen nach einigen weiteren
Kilometern auf dem Osteriff Pause. Die große Sandbank am rechten Osteufer
liegt schon am Hauptstrom der Elbe.
Dann geht es mit dem rasanten Ebbestrom der Elbe eine kurze Zeit flussabwärts, und schon müssen wir scharf aufpassen, um die Einfahrt zur
Marina Otterndorf und zur Hadelner Kanalschleuse nicht zu verpassen. Das
Moorwasser des Hadelner Kanals kommt uns schwarz und schäumend von
Backbord entgegen, der Schleusenwärter lässt gerade Wasser ab. Nach etwas
verpeiltem Rumeiern legen wir endlich vor der Schleuse an und warten
darauf, dass der Schleusenmeister genug Wasser abgelassen hat. Die neue
Schleuse wurde erst 2022 fertiggestellt und ist eine große Verbesserung
gegenüber der alten.
Nun noch eine kurze Strecke auf dem Hadelner Kanal und wir sind am
Bootshaus des TSV Otterndorf. Fährt man den Hadelner Kanal weiter, so
erreicht man nach ungefähr 60 km die Weser bei Bremerhaven.
Nachdem wir uns eingerichtet haben, geht es per Fahrrad oder per Silkes
Auto-Shuttle ins Zentrum des netten Städtchens.
Mittwoch, 26. Juni: Von Otterndorf nach Cuxhaven und zurück
Wir nehmen die erste Schleusung um 9:00 Uhr, das passt gut mit der Tide
und es bedeutet eine recht zivile Aufstehzeit. Wir haben wunderschönes
Sommerwetter mit nur leichtem Wind und kaum sind wir im Hauptstrom
der Elbe, geht es ab wie im Fahrstuhl. Schnell kommen uns die Cuxhavener
Industrieanlagen entgegen und schon nach weniger als eineinhalb Stunden
sind wir am Ziel, dem Hafen der Seglervereinigung Cuxhaven. Eis essen
und die Elbe von der Alten Liebe aus betrachten ist unsere entspannende
Tätigkeit. Wir haben ja genügend Zeit. Allerdings sollten wir die letzte
Schleusung um 15:30 Uhr unbedingt erreichen, irgendwo klemmt es immer.
Auf unserer Rückfahrt gleicht die Elbe nun eher einem uralten, zuckelnden
Paternoster. Das auflaufende Wasser ist zunächst recht schwach. Aber
letztlich wird es dann doch besser und wir erreichen die vorletzte Schleusung.
Wir erkunden die sehenswerte Altstadt von Otterndorf ein wenig ausführlicher
und finden auch dieses Mal ein gutes Restaurant.
Donnerstag, 27. Juni: Pausentag in Otterndorf
Heute kann jeder machen was er will. Am Nachmittag genießen wir gemeinsam
ein gewaltiges Naturschauspiel. Wir sitzen im sicheren Bootshaus und
betrachten durch das große Panoramafenster ein kräftiges Sommergewitter
mit Sturm, Regenfluten und massenhaft Blitzen.
Man kann das als Omen für den zweiten Teil der Tour betrachten: Die
erste Hälfte hätte nicht besser laufen können: Ruhiges Frühsommerwetter,
alle Ruderer gesund und munter, der Zeitplan bestens eingehalten. Also,
was wird uns die zweite Hälfte bringen?
Freitag, 28. Juni: Von Otterndorf nach Freiburg / Elbe???
Wir können wieder ausschlafen, wir schleusen ja erst um 14 Uhr. Es ist
sonnig, aber der Wind weht kräftig, allerdings aus westlichen Richtungen.
Wir liegen nun bei der Marina Otterndorf und beratschlagen. Der Wind
hat eher Stärke 5, es kommt darauf an, wieviel Wasser wir bei den achterlichen
Wellen übernehmen. Und nun sind wir in der Waschküche, die
achterlichen Wellen heben uns an und lassen uns wieder wegsacken und sie
werfen immer mal wieder eine Ladung Wasser ins Boot. Auch kommen wir
nicht besonders schnell voran.
Nach einem guten Kilometer entscheide ich: Wir drehen um! Viel später
hätten wir nicht entscheiden dürfen, da wir sonst wegen Schlick und Brandung
nicht mehr an Land kämen und der Rückweg gegen Wind und Wellen
zu lang wäre. Es wird ein harter Kampf, bis wir endlich im ruhigen Wasser
vor der Marina Otterndorf wieder zu uns kommen. Wir legen dort an und
entspannen erst einmal. Die letzte Schleusung für heute haben wir verpasst.
Wir lassen die Boote für die Nacht in der Marina und übernachten zwei
Nächte statt einer in der Pension Wilke in Freiburg/Elbe. Silke war wieder
erfolgreich aktiv und hat mit den Pensionswirten alles klar gemacht.
Sonnabend, 29. Juni: Von Otterndorf nach Freiburg / Elbe
Heute hat der Wind genügend nachgelassen und bei trübem Wetter verlassen
wir die Marina Otterndorf. Die Dünung schaukelt uns flussaufwärts voran.
Mit einiger Mühe erkennen wir die Pricken, die uns in den Hafenpriel zum
kleinen Hafen von Freiburg leiten. Erst will ich die Boote bei den Seglern
anlegen, aber morgen müssen wir bei schon weit abgelaufenem Wasser
losfahren, um nicht zu lange auf die Flut zu warten, die uns ja weiter bis
Stadersand bringen soll. Um dann nicht fest auf dem Schlick zu liegen,
legen wir uns im Päckchen an den einzigen noch freien Platz im tiefen Teil
des Hafens.
Heute ist ungeplant Christofs letzter Rudertag. Er hat schon länger so
starke Zahnschmerzen, dass er morgen so früh es geht nach Hause fahren
wird. Ich kann Annette kurzfristig gewinnen, statt Christof am Sonntag
mit uns zu fahren.
Nach einem gut sättigenden türkischen Abendessen machen wir noch
einen Rundgang über den Schützenfestplatz und den Stadtkern von Freiburg,
und dann ist es auch Zeit zum Schlafen.
Sonntag, 30. Juni: Von Freiburg / Elbe nach Stadersand
Annette Staufenbiel-Deicke kommt mit Chauffeur, ihr Mann bringt sie
pünktlich. Wir müssen eine ganze Weile vor Niedrigwasser losfahren, um
nicht im Hafenpriel auf Grund zu laufen. Das klappt auch alles gut, und dann
halten wir uns in der Nähe des Ufers um nicht unnötig weit abzutreiben.
Sobald das Wasser aufläuft, sollten wir wasserseitig der langen Sandbank
liegen, so dass wir den vollen Flutstrom gleich mitnehmen können. Auch das
gelingt einigermaßen. Aber ein Stück weiter flussauf legt uns die Brammer
Bank fast rein. Wir müssen ein Stück zurückrudern, um den Hauptstrom
zu erreichen. So kommen wir bei dem ruhigen und trüben Wetter gut voran
und legen in der Schwingemündung am Anleger bei den Kanuten an. Die
Boote bringen wir dann leer zum Anleger des ehemaligen Rudervereins
Athenäum Stade, wo wir morgen früh besser wegkommen werden. Annette,
Katrin und Ulrich fahren gleich heute Abend nach Hause. Nach einem
guten Abendessen im schön eingerichteten Bootshaus der Kanuten geht es
für die Restmannschaft in die letzte Nacht der Fahrt.
Montag, 1. Juli: Von Stadersand nach Hamburg
Zum Abgewöhnen müssen wir mal wieder früh aufstehen, wir wollen um 7:30
auf dem Wasser sein. Es ist wieder trübe und es nieselt. Wir warten auf die
Ersatzleute für Annette, Katrin und Ulrich. Schließlich kommen, nach einer
leichten Zugverspätung André Gesche, Sigrid Blecher und Thomas Posth
noch fast im Zeitplan an. Kurz vor 8 Uhr sind wir auf dem Wasser, nun
sind wir bald in heimischen Gefilden. Da tauchen auch schon die gewaltigen
Hochspannungsmasten auf dem Lühesand im Dunst auf, dann auf backbord
Blankenese, allmählich kämpft sich die Sonne durch. Im Rüschhafen machen
wir Pause. Es ist ein ganz unbekanntes Gefühl, hier fast bei Hochwasser
anzukommen, man hat einen ganz anderen Überblick und ganz ruhiges
Wasser. Hier löst Harald Heffe Sigrid ab, die gleich noch eine Veranstaltung
hat. Ungefähr bei Hochwasser fahren wir in den Waltershofer Hafen ein
und dann geht es die gewohnte Strecke durch die Elbinsel zurück, leider
mit zunehmendem Gegenstrom.
Fazit:
Wir haben die Oste in Bremervörde als Kleinfluss erlebt, der in vielen Windungen
die niedersächsische Elbmarsch durchzieht und bis zur Mündung zu
einem respektablen Fluss anwächst, aber kein Vergleich zur gewaltigen Elbe.
Mich reizt immer wieder die Weite der Landschaft von Himmel, Wasser und
Land. Wir haben den norddeutschen Sommer in ganzer Vielfalt erlebt und
haben gleich noch fünf Wikinger mehr an unserer Fahrt teilnehmen lassen:
Ganz herzlichen Dank für das schnelle Einspringen, Annette, André, Harald,
Sigrid und Thomas! Es war eine Supertour mit einer Prise Abenteuer. Eine
Lehre habe ich gezogen: Am Ende der Fahrt immer noch einen Puffertag
vorsehen.
Rüdiger Schmidt
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