Vorgeplänkel zur Este
Unsere Tour führte uns über die Landungsbrücken gen Blankenese und weiter über die Este, einen linken Nebenfluss der Elbe, nach Buxtehude. Von der Mündung bei Cranz bis Buxtehude handelt es sich um eine Bundeswasserstraße der Klasse Eins. Dort gilt sogar die Seeschifffahrtsstraßenordnung - durchaus überraschend für dieses kleine mäandernde Flüsschen. Die Este wird in die obere und untere Este unterteilt. Sie entspringt in der westlichen Lüneburger Heide und ist über 60 Kilometer lang. Allerdings ist die Befahrung seit 2002 im Oberlauf nur eingeschränkt möglich. Wir befuhren daher nur den Teil der unteren Este auf ungefähr 16 Kilometern.
Samstag, 31.10.2020
Wir starteten am letzten Tag des Oktober an einem frühen Samstagmorgen um acht Uhr. Als Dreingabe bekamen wir typisches Hamburger Nieselwetter und dazu passenden Nebel an den Elbbrücken. Wir fuhren mit drei Zweiern: Sigyn, Frigga und auch Ostara durfte mal wieder mit auf Tour. Der Andrang zu dieser Wandertour war groß. Insgesamt nahmen elf Personen, sechs Männer und fünf Frauen teil. Einige ruderten nur an einem der beiden Tage mit. Ursprünglich sah die Ausschreibung am Jahresbeginn sechs Plätze vor. Je mehr Ruderveranstaltungen Corona-bedingt ausfielen, umso mehr Interessenten fanden sich ein. So konnten wir sogar noch einem Gast den Wunsch erfüllen, mitzurudern. Die Wettervorhersage änderte sich in der Woche vor der Tour täglich. Insgesamt erwarteten wir herbstliches, regnerisches Wetter, für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Insbesondere die Windvorhersage wurde akribisch beobachtet, denn die Tour sollte nur bis Windstärke 3 stattfinden. Aber Petrus hatte ein Einsehen mit uns und wir ruderten am Samstag bei Windstärke 2 los und auch am Sonntag hielt sich der Wind in Grenzen. Im Laufe des Samstagmorgens klarte es auf und der Nebel verzog sich, ebenso wie der Nieselregen. Wir waren guter Dinge und ruderten bis zum Blankeneser Segelclub, bei dem wir unsere längere Picknickpause und den Steuerleute-Wechsel avisiert hatten. Dort fanden wir einen großen Tisch und Bänke open air, die uns eine komfortable Pause ermöglichten.
Den Segelclub haben einige von uns schon am Sonntag, den 6. September bei deutlich schlechterem Wetter aufgesucht, als wir eigentlich nach Hanskalbsand rudern wollten. Aber der starke Wind machte diese Absicht damals zunichte. Die Sitzbänke wurden vor allem zum Ablegen diverser Deckelgrößen von Picknickdosen und Packsäcken genutzt. Denn sitzen müssen wir in der Pause vom Rudern nicht unbedingt. Wie heißt es so schön nach einem langen Rudertag "Was habt ihr heute gemacht? Ach nichts weiter, im Wesentlichen (herum-)gesessen :)" Jörg, der sich als Landdienst angeboten hatte, erwartete uns schon in Blankenese und brachte frischen Kaffee und einen selbstgebackenen Marmorkuchen mit. Was für ein toller Service! Auch Annette S. verwöhnte uns mit mitgebrachter leckerer Käse-Quiche, die sie in einer großen runden Porzellanform tapfer mittransportierte. Also wirklich stilecht, nicht etwa nur Plastikgeschirr. Wir hatten eine gute halbe Stunde Pause bis tidenbedingt die Weiterfahrt anstand und wir mit der Strömung in die Este schippern konnten. Das Glück war uns obendrein hold, denn kurz vorm Aufbruch kam jemand vom Blankeneser Segelclub und gewährte uns sogar noch Zugang zu noch größeren Porzellangegenständen.
Wir querten die Elbe um zur Betonnung der Este-Einfahrt zu gelangen. Zunächst passierten wir das Este-Sperrwerk, dessen Brücke geöffnet worden war. So konnte ein Segelboot passieren ohne seinen Mast quer legen zu müssen. Wir mit unseren schnittigen Booten ;) passen natürlich immer hindurch. Kurz darauf rudert man am Dampfer-Anleger Cranz entlang zum alten Sperrwerk. Nicht weit von dort hielten wir Ausschau nach Haralds Domizil mit Holzsteg. Weiter windet sich die Este in vielen Kurven und es lässt sich wunderbar das Phänomen des Prallhangs \footnote{Außenkurve eines Flusses, die besonders stark morphologisch abgetragen wird von fluvialen Einflüssen des anprallenden, strömenden Wassers. (Geographieunterricht, Klasse 7)} studieren. Gelegentlich gab es Kilometerschilder und dazwischen Pluszeichen, die vermutlich die halben Kilometer anzeigten. Die Este bietet uns elbgewöhnten Ruderinnen und Ruderern ein gänzlich anderes als das vertraute Bild. Wir passierten Obstgärten, schöne alte Häuser mit Flair und verschiedensten Sitzgelegenheiten, direkt am Ufer der Este. Abgerundet wurde das Ganze mit den fallenden Blättern eines Indian-Summer-Gefühls. Dazu die Sonne, die uns am Sonntag die Sonnenbrille schmerzlich vermissen ließ. Am frühen Nachmittag erreichten wir den Buxtehuder Wassersportverein (BWV), bei dem wir unsere Boote lagern konnten. Die Übernachtung wurde je nach Gusto geregelt. Da Buxtehude per S-Bahn angebunden ist, sollte einer Heimfahrt nichts im Wege stehen, jedoch gab es just an diesem Wochenende Schienenersatzverkehr. Einige hatten sich entschieden in Buxtehude im Hotel zur Mühle oder noch näher dran im Bootshaus des BWV zu übernachten. Die anderen entschieden sich für die heimatlichen Betten.
Sonntag, 1.11.2020
An einem unerwartet sonnigen Sonntagmorgen traten wir die Rückfahrt an. Die wärmenden Sonnenstrahlen verhalfen uns sofort zu guter Laune. Gemütlich starteten wir in den Tag. Die Ablegestelle des BWV, die in einer Minisackgasse liegt, erlaubte unserem Boot nur eine kurze Wende. So war gleich morgens volle Konzentration gefordert. Die Este schlängelte sich hin und her. Das kurvige Element wurde spürbarer, da durch die Schlickufer der "schiffbare" Teil der Este deutlich verengt war. Dem Steuerpersonal wurde die notwendige Aufmerksamkeit abgefordert. Die Strömung der Este trug uns der Elbe entgegen und unser erster Halt führte uns zu Harald, einem Wikinger-Urgestein, der uns schon am Steg erwartete. Die Leiter, die dort zum naturnahen Grundstück von Harald führt, wird durch Schlick umrandet. Es galt, sich möglichst wenig davon an Klamotten, Körper und Schwimmwesten zu schmieren. Wir bewunderten Haralds Garten und verstehen nun besser, warum seine Kräfte zwischen seinem Domizil mit großem Garten und dem Hansahafen sorgsam aufgeteilt werden müssen. Das Wikingerschiff, dass wir auf dem Mäuerchen zum Nachbargrundstück stehen sahen, gehörte aber nicht Harald, wie er sagte...Als wir an der Estemündung auf die Elbe blickten und noch ein wenig Zeit zum Verweilen im Mündungsbereich bis zum Tidenwechsel hatten, erfreuten wir uns des schönen Wetters und genossen die Landschaft ringsherum. Sogar die Tonnen zur Kennzeichnung der Este-Einfahrt ruhten sich auf den Schlick"deichen" aus und trockneten sich die "Füße". Was uns verwunderte, war, dass fast kein Schiffsverkehr von ein oder zwei Containerschiffen einmal abgesehen, zu sehen gab. Auch Freizeitverkehr war trotz des sonnigen Wetters, weder Segelboote noch Motoryachten, auszumachen. Auch die sonst so unermüdlichen Angler sahen wir nur in geringer Zahl. Es schien wie ein vorauseilender Gehorsam zum Lockdown. Aber vielleicht hatten viele einfach die Saison schon beendet und ihre Boote ins Winterlager gebracht. Unsere nächste Pause war für den nicht weit entfernten Rüschhafen geplant, in dem uns Christina erwartete und wir ein schönes Picknick genossen. Sie brachte frisch gebrühten Kaffee und sogar schwarzen Tee in mehreren Thermoskannen mit. Es wurden Thermoskannen von Vereinsmitgliedern ausgeliehen. So konnte der Tee auch in dafür vorgesehenen Thermoskannen gereicht werden und musste sich nicht in Kaffee-Thermoskannen geschmacklich verderben lassen. Auch Kekse fehlten nicht. Um Zugang zu den Toiletten zu erhalten, brauchten wir einen Zahlen-Code. Aber irgendwie funktionierte er nicht. Ob es am Glockensymbol lag, mit dem die Eingabe der Zahlen bestätigt werden sollten, ließ sich nicht mehr feststellen.
Aber es war noch genügend Betrieb durch Vereinsmitglieder des örtlichen Segelclubs, so dass sie uns das Haus aufschlossen und wir die Toiletten nutzen konnten. Weiter ging es zum Waltershofer Hafen nach erneutem Steuerleute-Wechsel. Als wir zur Rugenberger Schleuse kamen, bemerkten wir weit und breit das Boot unseres Fahrtenleiters nicht. Er war uns aber ganz sicher voraus. Wo konnte er nur abgeblieben sein? Später stellte sich heraus, dass er schon mit seinem Boot die "strömende" Rugenberger Schleuse hinter sich gelassen hatte und zügig zum Travehafen vorgerudert war.
Normalerweise schleusen wir alle zusammen. Seltsam. Am Travehafen fanden wir das verloren geglaubte Boot samt Besatzung wieder und ruderten nach Passieren der Ellerholzschleuse über den Reiherstieg und Elbe zurück zum Bootshaus. Als wir aus dem Reiherstieg auf die Elbe einbogen, bot sich das gleiche Bild mit sehr wenig Verkehr auf der Elbe wie schon den ganzen Tag. Es waren auch kaum Barkassen trotz des sonnigen Novembertages unterwegs, so dass es fast ein wenig gespenstisch anmutete. Mir jedoch gefiel es, dass wir die Elbe mal so richtig für uns hatten. Nachdem wir die Boote versorgt hatten, versammelten wir uns zum Abschluss auf der Terrasse. Da es noch immer warm genug war, um draußen ein letztes Mal zusammenstehen zu können, natürlich in gebührendem Abstand. Eva-Maria hat es sich nicht nehmen lassen uns mit zwei gastronomischen Gängen zum Ende der gelungenen Tour zu verwöhnen. Es gab einen leckeren Reissalat und zum Nachtisch noch einen kalorienhaltigen Schokoladenkuchen. Ein schöner Abschluss für eine Wander-Rudertour.
Conni Geisendorf
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