Natürlich ist die Flensburger Förde mit angrenzenden Gewässern in jedem Fall ein interessantes Ruderrevier, aber daß wir ein Augustwochenende beim Deutschen Ruderclub Gravenstein (Graasten) verbrachten, hatte einen weiteren, ganz gewichtigen Grund. Im Frühjahr hatten sieben Wikinger am Langturstyrmandskursus teilgenommen und bestanden. Aber das was alles Theorie, bisher hatte keiner von uns in einem Inriggerboot, wie es die Dänen für Meeresfahrten verwenden, gerudert. Dieser praktische Teil sollte auch erfüllt sein, sonst wollten wir kein Langtyrstyrmandsausweise vergeben. Also knüpfte André den Kontakt mit den Gravensteinern.
Und nun ist es Freitagabend, der 8. August, und wir umfahren gerade Flensburg auf der gut ausgebauten Umgebung und André versucht per Mobiltelefon, unseren Kontakt bei den Gravensteinern zu erreichen. Wir, das sind André, Martin, Ulrich und ich.
Dank des Navigationssystem finden wir auch das richtige Gravenstein (das ist tatsächlich der Ort, wo der Gravensteiner Apfel erfunden wurde, und der ist auch in der Flagge des DRG) und nach ein paar Schwierigkeiten dann auch das Bootshaus. Norbert vom DRG nimmt uns in Empfang und bewirtet uns gleich nach dänischer Sitte mit Wienerbrød und Kaffee.
Am nächsten Morgen geht es los, Norbert als erfahrener Inriggerruderer übernimmt das Steuer und wir vier Wikinger setzen uns an die Riemen des eleganten, geklinkerten Holzvierers. Es ist erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig, so seitlich versetzt zu sitzen, aber wir kommen bald recht gut klar. Schell haben wir des Nübeler Noor verlassen und fahren unter einer Straßenbrücke in die Flensburger Förde ein.
Der Wind geht aus West, so daß wir am Nordwestufer der Förde einigermaßen windgeschützt vorankommen. Das Ufer ist hügelig und vielfach bewaldet, mit Buchten, Vorsprüngen und Inseln, hier der weite Ausblick auf die offene Förde, da eine enge Durchfahrt zwischen kleinen Inseln, ein wunderschönes Revier.
Kurz vor Flensburg liegt ein recht verlassenes Freibad, dort machen wir halt und gehen freiwillig baden. Ulrich versucht, mit seiner wasserdichten Kamera unser Boot unter Wasser zu photographieren, aber das Fördewasser ist wohl doch zu trübe.
Und dann sind wir auch bald mitten im Herzen von Flensburg, vorbeit an Werften und Lagerhallen, im innersten Teil des Hafens. Wir haben mehr als 20 km gerudert und sind entsprechend hungrig. Mittlerweile scheint die Sonne und wir machen ein Picknick auf den Hafentreppen.
Zurück wollen wir am Südostufer entlang bis Glücksburg fahren, dann über die offene Förde zu den Ochseninseln und entlang des Nordostufers wieder zum Bootshaus. Sobald wir aus der innersten Förde heraus sind, merken wir, daß der Wind eher noch aufgefrischt hat, so um die fünf Windstärken dürften es wohl sein. Noch kommt er schräg von hinten und schiebt uns gut voran. Je weiter wir nach Glücksburg rauskommen, desto höher bauen sich die Wellen auf. Für uns Ruderer kommen sie gewaltig von hinten angerollt, aber der Steuermann sieht davon nichts. Und merkwürdigerweise schleichen sie recht harmlos unter dem Boot nach vorn. Wir merken schon, der Innenrigger kommt mit Wellen gut klar. Nun geht es quer über die Förde zu den Ochseninseln. Die Wellen werden noch höher, und sie kommen jetzt ziemlich von der Seite. Uns Wikingern wird nun doch mulmig, wir sind sicher, mit unseren Booten würden wir hier absaufen. Aber Norbert bleibt cool und wir merken, daß unser Boot mit diesem Wasser prima klarkommt. Wir kriegen zwar ab und zu eine Pütz Wasser über die Bordwand, das ist es aber auch. Im Schutz der Ochseninseln haben wir erst einmal ruhigeres Wasser. Dann noch rauf bis zur Einfahrt ins Nübeler Noor, mit kräftigem Wind und Wellen von achtern, allmählich kann man sich daran gewöhnen. Kaum sind wir im Noor, ist Ruhe, vollkommener Windschutz, kaum eine kleine Welle. Die letzten Kilometer langen wir noch mal kräftig zu.
Nach über 40 km steht fest: Inriggerrudern macht richtig Spaß, besonders bei Wind und Wellen.
Am Sonntag wollen wir das gleich noch mal probieren, aber der Tag beginnt trübe und mit Regen, so daß Norbert einen Spaziergang durch Flensburg vorschlägt. Es wird eine richtige Entdeckungstour durch die alte, reiche Handelsstadt mit ihren Kaufmannshäusern und Innenhöfen. Danach lassen es Norbert und seine Frau sich nicht nehmen, uns noch mit Kaffee und Kuchen zu stärken.
Nach Hause geht es auf regennasser Autobahn, dafür aber kein Stau. Ein tolles Wochenende liegt hinter uns, und wir haben uns jetzt unseren Bevis for Langturstyrmandsret verdient.
Rüdiger Schmidt
|
|