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Wanderruderungen durch die Mark Brandenburg

(Potsdam, Ostern 2011)

   

Über das Havelland zu schreiben, ohne Fontane zu zitieren ist wie ein Leben ohne Möpse: möglich, aber sinnlos. Er schreibt über die Mark Brandenburg, aber es könnte auch dem Handbuch über das Wanderrudern entnommen sein:

Du mußt nicht allzusehr durch den Komfort der »großen Touren« verwöhnt und verweichlicht sein. Es wird einem selten das Schlimmste zugemutet, aber es kommt doch vor.." Und gelegentlich finde man "eine Lagerstätte, die alle Mängel und Schrecknisse, deren Bett und Linnen überhaupt fähig sind, in sich vereinigt. Regeln sind nicht zu geben, Sicherheitsmaßregeln nicht zu treffen. Wo es gut sein könnte, da triffst du es vielleicht schlecht und wo du das Kümmerlichste erwartest, überraschen dich Luxus und Behaglichkeit."1

Wir müssen am Abend eine Weile im Dunkeln suchen, bis wir unser Quartier finden, können aber dann bei den Kanuten des OSC Potsdam in warmer Halle unsere Matten zum Schlafen ausbreiten, und auch noch einen Tisch zum geselligen Speisen finden wir. Wir haben also eine Schlafstelle und zunächst auch noch keine körperlichen Schmerzen, und so fehlt zu Fontanes Beschreibung von Glück nur die Grießsuppe - wir ersetzen sie durch Müsli, Joghurt, Brot, Salate, Eier, Chili con Carne, Schokolade u.v.a.m.

Unsere Boote, einen Vierer und einen Zweier, bekommen wir, etwa einen Büchsenschuß entfernt, bei der Potsdamer Rudergesellschaft an der Pirschheide. Von dort brechen wir am Karfreitag zur ersten Tagestour auf, um bereits nach wenigen Kilometern in Caputh anzulegen und zum Einsteinhaus zu pilgern. "Gott würfelt nicht", pflegte der Physiker zu sagen, aber in einem Kubus wohnte er doch. Wir berühren den Schwielowsee und erreichen bald Glindow, wo wir lernen, daß dieser alte Ziegelbrennerort (wie übrigens auch Glieneke) seinen Namen vom slawischen Wort für "Ton" hat, und wir würden gerne das Museum mit dem Ringofen besichtigen, finden dieses aber verschlossen und machen uns bald nach der Mittagsrast auf den Rückweg. Ein Boot nimmt den kürzesten Weg, das andere erkundet noch die Geheimnisse des Schwielowsees.

Der Schwielow ist breit, behaglich, sonnig und hat die Gutmütigkeit aller breit angelegten Naturen..., aber wie alle gutmütigen Naturen kann er heftig werden, plötzlich, beinahe unmotiviert, und dann ist er unberechenbar. Eben noch lachend, beginnt ein Kräuseln und Drehen, nun ein Wirbel, ein Aufstäuben, ein Gewölk - es ist, als führe eine Hand aus dem Trichter, und was über ihm ist, muß hinab in die Tiefe.... Es gibt ganze Linien, wo die gescheiterten Schiffe liegen"1,

und wir können von Glück sagen, daß unser Zweier sich nicht dort einreiht, daß der Schwielow sich unseren Besuch in bester Stimmung gefallen läßt, und wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit wohlbehalten zurückkehren.

Der zweite Tag wird ohne Rudern und individuell gestaltet mit Stadt-, Schloß- oder Museumsbesuchen - wir müssen machen, was wir wollen, sind solches nicht gewohnt, bringen es aber doch einigermaßen fertig, uns auf eigene Rechnung zu vergnügen.

Der Ostersonntag beginnt wie der Freitag mit Aufbruch in westlicher, dann nördlicher Richtung bis sich in der Ferne

"eine giebelreiche, rot und weiß gemusterte, in dem klaren Havelwasser sich spiegelnde gotische Kirche zeigt. Um sie herum ein dichter Häuserkranz: Stadt Werder"1.

Ein Werder mit einer Stadt, Fischersiedlung einst und heute Obst- und Blütenort, in dem wir unter blühenden Bäumen Säfte und Kuchen genießen, bevor das Kulturprogramm zum Rundgang mit Besuch des kleinen, netten Obstbaumuseums ruft.

Und abermals trennen sich die Wege der Boote. Das eine nimmt den Hinweg, das andere wählt die große Runde um Potsdam herum über Zernsee, Wublitz und Sacrow-Paretzer Kanal (von dem Fontanes Wanderungen noch nichts wissen). Natürlich wird der Kramnitzsee nicht ausgelassen, und der Besuch der italienisch anmutenden Heilandskirche von Sacrow kurz vor der Glienicker Brücke rundet das ganze zu einer veritablen 45-km-Tour ab.

Der letzte Rudertag wird wieder von beiden Booten gemeinsam bestritten. Zunächst wird die weitberühmte Pfaueninsel besucht, deren ruinöses Schlößchen schon von weit her herüberleuchtet.

"...ein Schloß, Palmen und Känguruhs; Papageien kreischen; Pfauen sitzen auf hoher Stange oder schlagen ein Rad, Volieren, Springbrunnen, überschattete Wiesen; Schlängelpfade, die überall hin führen und nirgends; ein rätselvolles Eiland, eine Oase, ein Blumenteppich inmitten der Mark"1.

Känguruhs bekommen wir nicht zu sehen, ein ausgedehnter Ostermontagsspaziergang führt aber sonst an allen Sehenswürdigkeiten dieser geschichtsträchtigen Parklandschaft vorbei. Eine längere Einkehr versagen wir uns und brechen statt dessen bald wieder auf zum aufgewühlten Wannsee, dessen Badanlagen am anderen Ufer uns lange begleiten, bis wir bei einem der Rudervereine anlegen, um in der Gedenkstätte die Ausstellung zur Wannseekonferenz zu besuchen. Für den Rückweg haben wir wieder ruhiges Wasser im Kleinen Wannsee und den nachfolgenden Kanälen, welche schließlich bei der Glienicker Brücke wieder die Havel erreichen, der wir bis nach Potsdam und zum Templiner See folgen. Nach Rückgabe der Boote muß noch schnell gepackt werden, bevor der Heimweg angetreten und das Havelland zurückgelassen wird. Und alle sind sich einig:

"Die Havel, um es noch einmal zu sagen, ist ein aparter Fluß."1

Martin Meyer-Wyk

1 Alle Zitate - bis auf das mit den Möpsen - vom ollen Fontane (Wanderungen durch die Mark Brandenburg: Havelland)


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