Um es gleich vorneweg zu sagen: Am 6. Mai 2007 fuhren die Wikinger Katrin, André, Martin, Ulrich und Rüdiger mit dem Wotan die Silberstrecke (80 km) des internationalen Wesermarathon in einer guten Zeit von 8 ½ Stunden inklusive Pausen von Hannoversch Münden bis Holzminden.
Rückblende: Irgendein verrückter Wikinger, möglicherweise André, meinte im Herbst 2006, es wäre doch eine gute Idee, beim Wesermarathon mitzufahren, so lumpige 80 km an einem Tag könnten es doch wohl sein. Einige andere fanden die Idee auch nicht so schlecht. Da ich in den letzten Jahren so maximal 25 km an einem Tag gefahren war, fühlte ich mich angesprochen und herausgefordert. Schließlich fanden sich die oben genannten fünf Wikinger, außerdem noch der eine oder andere Ersatz.
Die Unkenrufe einiger erfahrener Bedenkenträger („Die Truppe kann ja nicht mal Schlag halten – das schafft Ihr nie!“ ) waren der richtige Ansporn, unser Ziel nicht nur mit Optimismus, sondern auch mit einem realistischen Trainingsplan anzusteuern. André arbeitete einen ausgezeichneten Plan aus, und ab Anfang März ging es ernsthaft los. Wir ruderten ein bis drei Mal die Woche, wobei wir die Streckenlänge von ca. 20 km bis auf 55 km steigerten. Dabei erkundeten wir bei meistens bestem Wetter weite Teile Hamburgs auf dem Wasser: Bille, Alster und Kanäle, Goose Elbe, Neuengammer Durchstich und Dove Elbe, Unterelbe bis Hanskalbsand, an Blankenese vorbei und über die Neßsander Süderelbe zurück.
Am Sonnabend, 5. Mai, ging es früh morgens los. Den bedrohlich langen Bootsanhänger vom Ruderclub Dresdenia abgeholt, durch die ganze Stadt zum Wikinger-Bootshaus, dort den Wotan mit letzter Kraft oben auf den Hänger gewuchtet, da die unteren Plätze von ein paar Booten der Hamburger Ruderinnen besetzt waren, und dann auf die Autobahn nach Hannoversch Münden. Als wir dort am Nachmittag alle Boote richtig abgeladen und Auto mit Hänger nach Holzminden gebracht hatten, hatte ich das Gefühl, mindestens schon einen harten Rudertag hinter mir zu haben.
Sonntags morgens um 4:30 ging der Wecker und wir schafften es tatsächlich, um 6 Uhr auf dem Wasser zu sein. Kleine Unstimmigkeiten, wie verkehrt herum eingesetzte Rollsitze, waren schnell behoben und hinaus ging es auf die im Morgennebel dampfende Weser. Noch war die Luft empfindlich kalt, aber der blaue Himmel über dem Nebel und die fast vollkommene Windstille versprachen einen wunderschönen und für das Rudern optimalen Frühsommertag. Die Weser hatte guten Mittelwasserstand und zog mit ungefähr 4 km/h dahin. Nun konnten wir endlich frühstücken, und dabei trotzdem den einen oder anderen Kilometer vorankommen. Ein wenig mußte der Steuermann aufpassen, denn wir waren keineswegs allein auf dem Wasser. Vor und hinter uns paddelten und ruderten Hunderte Boote, von denen man oft nur die aus dem Nebel herausblinkenden Paddelspitzen sah. Später erfuhren wir, daß wir fünf von ca. 1800 Teilnehmern waren.
Bei so viel Aktivität juckte es uns natürlich auch in den Fingern und außerdem war es doch noch etwas kühl. Wir merkten bald, daß wir mit vielen Ruderern und eigentlich mit den allermeisten Paddlern gut mithalten konnten. Unsere Geschwindigkeit lag bei ca. 13 km/h, ohne daß uns das besonders ermüdete. Unser Training zahlte sich aus.
Hohe Waldberge begleiten den Fluß auf beiden Seiten, Wiesen und kleine Orte vervollständigen das Bild einer idyllischen Sommerfrische. Ab und zu kreuzte eine Seilfähre nur von der Strö-mung angetrieben die Weser. Die Sonne löste den Nebel nach einigen Stunden auf und heizte uns immer mehr ein. Mittlerweile war es bald Mittag und wir waren so gut vorangekommen, daß wir uns in Beverungen eine ausgiebige Pause und einen ordentlichen Eisbecher gönnten. Bei Beverungen haben wir übrigens schon die Bronze-Strecke von 53 km hinter uns gebracht.
Nun war das Ziel gar nicht mehr so weit weg, da überholten wir die beiden Boote der Hamburger Ruderinnen, die wir auf dem Hänger mitgenommen hatten. Das eine Boot wurde plötzlich wieder schneller und schickte sich an, uns zu überholen. Wollten wir (zumeist) alten Wikinger uns einem Frauen-Vierer, wenn auch mit halbem Durchschnittsalter, geschlagen geben? Niemals! Also legten wir einen Zahn zu und dann noch einen und es gelang uns, die Ruderinnen auf Abstand zu halten. So fuhren wir die letzten 10 km mit einem sehr respektablen Schnitt und waren ca. 14:40 in Holzminden. Beim anschließenden Aufladen der Boote hatte ich den Eindruck, daß die jungen Damen ihre Niederlage nicht ganz so locker nahmen, insbesondere fuhren sie ein C-Boot und unseres ist ja wohl ein E-Boot.
Wir übernachteten an diesem Sonntag noch beim gastfreundlichen Holzmindener Ruderclub. Am nächsten Tag ging es dann auf den langen Weg zurück nach Hamburg, den ganzen Tag bei Dauerregen. Aber wir brauchten ja nicht mehr zu rudern.
Fazit:
- Die Oberweser ist mindestens eine Rudertour wert
- Die Silberstrecke ist ein anspruchsvolles, aber bei gutem Training machbares Ziel
- Das Training ist genau so schön wie der Marathon: Der Weg ist das Ziel
Rüdiger Schmidt
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